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Buchempfehlung:

Clarissa Pinkola Estés 

Der Tanz der Grossen Mutter

Clarissa Pinkola Estés, mit ihrer grossartigen Gabe Geschichten der Kraft zu erzählen, Geschichten, die uns wieder verbinden mit der Medizin von Mythen und Legenden, mit unserer wilden Natur ebenso wie mit unserem stillen und uralten Wissen, mit Gemeinschaftssinn und dem Geheimnis von der Reife der Jugend und der Jugend im Alter, hat eine wunderschöne kleine Geschichtensammlung «Der Tanz der Grossen Mutter» herausgegeben.

Die Geschichten verweben nach und nach die verschiedenen Lebensphasen im Leben von Frauen auf eine Weise, die einem Reigen ähnlich, einen Dialog spannen zwischen der jungen Tochter, der Mutter und der Grossmutter und darüber hinaus zur ganz grossen Mutter Natur und Erde. Er führt durch Stürme der Ungewissheit, durch Verletzungen, Entbehrungen und Unverstanden Sein, über die Mühsal des Alltags hin zu der Auseinandersetzung mit dem Alter und spürt darin stets den Faden der Liebe auf, das Gewebe der Gemeinschaft, der Verbindungen auf vielfältigsten Ebenen. Sie verweben auch unmittelbar die «Cantadora», die Geschichtenerzählerin, mit dem Leser, der Leserin auf eine ganz persönliche und intime Weise. Wie eine gute Mutter hüllen die Geschichten uns ein in den Mantel des umfassenden Verstehens, des Vertrauens, des Anteilnehmens. Der Beziehung, die entsteht, entspricht im Spanischen der Begriff comadre und meint damit annähernd Folgendes: «Ich bin deine Mutter und zugleich bist du meine Mutter.» Er wird verwendet, um eine enge Beziehung zwischen Frauen zu umschreiben, die einander im Auge behalten, einander zuhören und belehren, und zwar so, dass die Seele immer mit einbezogen und durchaus auch direkt genannt und angesprochen wird.

Das Buch ist für Frauen wie Männer wesentlich, jeder Mann hat eine Mutter, vielleicht Schwestern und Geliebte und Vieles im Erfahrungsschatz dieser Frauen stammt aus dem ewigen Tanz mit den Männern.

Das Buch endet mit Verbeugungen der Dankbarkeit, Gebeten des Herzens und der Seele an den Archetyp der grossen alten weisen Frau und den der blühenden jungen lebenshungrigen Frau als Aspekte in unserem Inneren und stehen dort für die Verschmelzung zweier gegensätzlicher Kräfte, aus der dann etwas Neues und Unbekanntes hervorgehen kann, wie die Vermählung des Alten mit dem Modernen, der Zeitlosigkeit mit der Zeitgebundenheit, dem Ego mit der Seele.

Clarisa Pinkola Estés, Jahrgang 1943, ist mexikanischer Herkunft und wurde als Kind von ungarischen Migranten adoptiert. Ihr Buch «Die Wolfsfrau» wurde in den USA über Nacht zum Kultbuch und weltweit zum Bestseller.

Helena Gemmel